C. Bülent Bilâloğlu

„Meine Frau und ich sind multiple religious citizens of the global village“

In der türkischen Community kennen viele seinen Nachnamen: Sein Vater half, das erste deutsch-türkische Sozialversicherungsabkommen auf den Weg zu bringen. C. Bülent Bilâloğlu wurde Rechtsanwalt, heiratete eine Chinesin, gemeinsam mit ihrem Sohn feiern sie Weihnachten. Denn Religion bedeute Offenheit, Toleranz, Humanismus.

C. Bülent Bilâloğlu, geboren am 13. August 1974 in Bonn, ist Rechtsanwalt. Er ist verheiratet und hat ein Kind. Nach seinem Schulabschluss studierte er zunächst an der Freien Universität Berlin Wirtschaftswissenschaften und Recht und wechselte später zur juristischen Fakultät an die Humboldt-Universität zu Berlin. Parallel studierte er an der TU Berlin Medienberatung. Nach beruflichen Stationen in Istanbul, Paris und Shanghai machte er sich als Rechtsanwalt in Berlin selbstständig und ist heute Partner der Gúwén Rechtsanwälte Dr. Alt Part mbB. Zudem ist er Aufsichtsratsmitglied einer Aktiengesellschaft in Hongkong und engagiert sich in der Berliner Kommunalpolitik. Sein Vater, Dr. M. Bekam Bilâloğlu, war maßgeblich am Zustandekommen des Sozialversicherungsabkommens von 1964 beteiligt.
Mein Vater war Architekt des deutsch-türkischen Sozialversicherungsabkommens von 1964. Das vielleicht nur deshalb zustande kam, weil er Willy Brandt eine Weihnachtskarte geschrieben hatte.

1961 hatte man das Anwerbeabkommen zwischen der Türkei und der Bundesrepublik unterzeichnet. Nun hörte man im türkischen Arbeitsministerium unter der Leitung von Bülent Ecevit zunehmend von den Problemen der Gastarbeiter. 

Mehmet Bekâm Bilâloğlu, mein Vater, hatte in Bonn in Jura promoviert, war danach in die Türkei zurückgekehrt und war nun Richter am Arbeitsgericht in Bartın-Zonguldak. Er kannte sich aus im deutschen Rechtssystem, kannte das Land, die Sprache. Arbeitsminister Ecevit fand, er sei der Richtige – und fragte ihn, ob er die Rechte der türkischen Gastarbeiter in Deutschland vertreten wolle. 

Mein Vater wollte. Er mochte Deutschland, hatte einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit und würde zudem das Dreifache eines türkischen Richtergehalts verdienen. Kurzerhand heiratete er meine Mutter, zog mit ihr in die Hauptstadt Bonn und wurde der erste Arbeits- und Sozialattaché der Türkei in Deutschland. Er musste nicht die zig Prüfungen durchmachen, die einer Diplomatenkarriere normalerweise vorangehen, sondern wurde von höchster Stelle berufen – von Arbeitsminister Ecevit, Premierminister Demirel und Präsident Gürsel. 

Als Doktorand war mein Vater in den 50er-Jahren mit offenen Armen in Deutschland empfangen worden. Die Lira war damals härter als die Mark, die türkischen Auslandsstudenten waren wohlhabend, mein Vater schwärmte oft von jener Zeit, als er mit seiner Freundin im weißen Anzug durch Heidelberg spazierte – und sie sich über ihren Nazivater lustig machten. 

Die Zeiten hatten sich geändert. Nun schaute man herab auf die türkischen Einwanderer, einfache Leute zumeist, die natürlich kein Deutsch sprachen. Mein Vater hörte aus erster Hand von den vielen Ungerechtigkeiten: Die türkischen Gastarbeiter wurden schlechter bezahlt und mussten länger arbeiten, manche waren eingepfercht in überfüllte Wohnheime und zahlten für ein Bett so viel wie andere für eine Zweizimmerwohnung. Sie hatten keine Rentenansprüche, keinen Anspruch auf Kindergeld oder auf Krankenkassenleistungen für ihre Kinder, obwohl ihnen die deutschen Kassen und Behörden all diese Beiträge vom Lohn abzogen. Er musste etwas tun. 

Mein Vater war zunächst nicht dem Arbeitsministerium, sondern dem Außenministerium unterstellt und damit der türkischen Botschaft in Bonn. Dort hatte er wenige Freunde. Man akzeptierte ihn nicht als vollwertigen Diplomaten und behinderte seine Arbeit nach Kräften. 

Mein Vater sprach seine Vorgesetzten auf die Missstände an, stieß aber auf taube Ohren. Was wollte dieser Sonderling? Er erhielt keine Unterstützung, wurde abgewimmelt, ja man empfahl ihm, von diesen Themen abzulassen, weil er sich ohnehin nicht durchsetzen und das Beharren darauf seiner Karriere schaden würde. 

Aber so schnell gab mein Vater nicht auf. Er war ein Pragmatiker und überlegte, wie er vorankommen könnte.   
Religion heißt für mich Toleranz. Das Verhältnis zu Gott ist etwas Privates. Das gehört in die eigenen vier Wände, nicht auf die Straße. Wir feiern Weihnachten, das chinesische Neujahrsfest, das Fastenbrechen nach dem Ramadan.
Da fiel ihm eine Begegnung aus seiner Zeit als Promotionsstudent mit dem damaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin ein, mit Willy Brandt. Gemeinsam mit anderen Doktoranden war er von ihm zu einem Kennenlerntreffen bei Kaffee und Kuchen eingeladen worden.

Also schrieb mein Vater seinem Bekannten Willy Brandt an Weihnachten 1963 eine Weihnachtskarte und vergaß nicht, vom harten Los der Gastarbeiter zu erzählen. 

Danach bekam er zwei Anrufe. Den ersten von Willy Brandt, der ihm versicherte, er wolle sich der Angelegenheit annehmen. Den zweiten vom türkischen Botschafter, der ihn zu sich zitierte und ihn abmahnte: Es verletze das Protokoll, wenn einzelne Attachés Kontakt zu Regierungsangehörigen aufnehmen würden. Kontakt zu Mitgliedern der Bundesregierung dürfe ausschließlich über die Botschaft erfolgen. 

Woraufhin mein Vater unschuldig antwortete: Er habe doch nur seinem Bekannten Willy Brandt eine Weihnachtskarte geschrieben.  

Der Stein jedenfalls kam ins Rollen. Die Verhandlungen begannen und mündeten in das Sozialsicherheitsabkommen von 1964. Hierin wurden den türkischen Gastarbeitern jene Rechte eingeräumt, welche die italienischen und griechischen Gastarbeiter schon lange hatten. Die türkischen Gastarbeiter waren nicht mehr Gastarbeiter zweiter Klasse. 

Am Tag der Unterzeichnung stand mein Vater hinter dem Arbeitsminister. Er war stolz, sein Ziel erreicht zu haben. 

Auch später setzte er sich für die Interessen der türkischen Gastarbeiter ein, ganz gleich, ob es seine Zuständigkeit überschritt. So war er Mitinitiator von „Anadolu“, einer türkischen Zeitung in Deutschland, und half bei der Umsetzung der ersten türkischsprachigen Radiosendung in Köln. 

Bülent Ecevit und mein Vater wurden ob der Zusammenarbeit Freunde – was so weit ging, dass ich nach dem Arbeitsminister benannt wurde und den Namen Bülent erhielt. 

Mein Vater ist später noch mehrfach nach Deutschland entsandt worden. So auch im strengen Winter 1979. Inzwischen war ich vier Jahre alt. Meine erste Erinnerung an Deutschland: Schnee und ein gebrochener Absatz. 

Mein Vater war einige Wochen zuvor vorausgefahren, um eine Bleibe für uns zu suchen, hatte aber nur eine winzige Wohnung in Berlin-Reinickendorf gefunden. Selbst für türkische Diplomaten war es damals schwer, eine gute Wohnung zu finden. Der türkische Nachname reichte, damit viele Vermieter wieder auflegten. 

Jedenfalls standen wir nun ohne ihn am Flughafen Schönefeld, im Osten der Stadt, ein dunkler Winterabend mit Unmengen Schnee. Meine Mutter hatte ihren schwarzen Mantel mit Leopardenfellkragen an und versuchte sich zu orientieren, wie man vom Flughafen Schönefeld nach West-Berlin kam. Auf dem Weg zum Wagen, der uns zu einem Grenzübergang fahren sollte, brach ihr im Schnee der Absatz, und sie musste den Rest des Weges humpelnd zurücklegen. Ich sehe es bis heute vor mir. 

Ich war anfangs gar nicht glücklich in Berlin. In Ankara hatten wir in einer 230 Quadratmeter großen Wohnung unweit des Präsidentenpalastes in Çankaya mit herrlicher Aussicht auf die Stadt gewohnt. Auf unserem Balkon hatte sich eine Taube eingenistet, die kurz vor unserer Abreise ihre Küken ausgebrütet hatte. Ich schaute jeden Tag nach ihr. 

Jetzt wohnten wir in einer Zweizimmerwohnung in Reinickendorf, gefühlt am Ende der Stadt, und schauten auf Acker und Plattenbauten. Es war dunkel und kalt, die Menschen wirkten unfreundlich und schienen nicht sehr nett zu sein. Jeder wollte mir erzählen, dass ich nichts wisse und nichts wissen könne, weil ich aus der Türkei stamme. Alle möglichen Leute wollten mich belehren. 

Erst nach einigen Jahren zogen wir um. Meine Mutter hatte endlich eine schöne, große Wohnung am Ku’damm gefunden. Trotzdem gingen meine beiden älteren Brüder in Kreuzberg aufs Gymnasium, am anderen Ende von West-Berlin. Man hatte meinen Eltern dazu geraten – mit der Begründung, dass türkische Schüler auf einem Kreuzberger Gymnasium weniger auffallen würden als auf einem Wilmersdorfer Gymnasium. 

In der Grundschule glaubten viele Mitschüler nicht, dass ich am Ku’damm wohnte. „Die Türken wohnen doch alle in Kreuzberg“, hieß es. Sie sagten: „Du sprichst aber gut Deutsch“, oder: „Du bist nicht wie die anderen Türken, du bist ein Guter. Du weißt wie ich das meine, oder?“ Damals verstand ich die Bedeutung dieser Sprüche nicht wirklich. Aber sie blieben hängen. 

Nach der Grundschule ging ich auf die Havel School der britischen Besatzungskräfte in Gatow. Allerdings konnte ich dort nur den englischen Abschluss machen. So entstand der Plan, dass ich an die John-F.-Kennedy-Schule in Zehlendorf wechseln sollte, die Schule der Amerikaner, auf der man Abitur und Highschool-Abschluss zugleich machen konnte. 

Doch als Türke, Diplomatenfamilie hin oder her, durfte man nicht auf diese Schule gehen. Das war nicht vorgesehen. Mein Vater war erbost über diese Ungerechtigkeit und beschwerte sich bei der amerikanischen Botschaft. Er bekam recht. Ich musste nur noch eine Sprachprüfung in Englisch machen, schon konnte ich die Schule wechseln – als erster Schüler mit ausschließlich türkischer Staatsangehörigkeit auf der John F. Kennedy High School. 

Auf der britischen Schule hatte militärische Disziplin geherrscht. Wir trugen Schuluniform, begannen den Tag mit Chorälen, hatten einen Heidenrespekt vor unseren Lehrern. Und nun: Schlabber-T-Shirts, Füße auf dem Tisch, flapsige Sprüche. Und merkwürdige Maßstäbe vonseiten der Lehrer. 

Kurz nachdem ich aufgenommen worden war, bestellte mein Deutschlehrer meine Eltern in die Schule. Seine Klage: Ich könne unmöglich die Muttersprachenklassen Englisch und Deutsch besuchen, Spanisch als Wahlfach und Französisch im Abitur haben und daheim noch Türkisch sprechen. „So viel machen noch nicht einmal die deutschen Schüler“, sagte er. 

Ich musste die Klasse wechseln und fand mich – als Muttersprachler – zwischen Schülern wieder, die gerade anfingen, Deutsch zu lernen und kaum einen Satz zusammenbekamen. Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr ich mich gelangweilt habe. So sehr, dass ich bockig wurde, nicht aufpasste und in Deutsch bald eine Drei auf dem Zeugnis hatte. 

Es war mir eine Lehre. Es war das letzte Mal, dass ich mich so vorführen ließ. Ich beschloss, mich von da an zu wehren, wenn mir oder jemand anderem ein Unrecht widerfährt. Und ich lernte, dass man am besten gleich zum Vorgesetzten geht. Wenn ich mich ungerecht von einem Lehrer behandelt fühlte – zum Glück kam das selten vor –, bat ich meine Mutter, das Gespräch mit dem Fachabteilungsleiter oder dem Rektor zu suchen. Und begleitete sie dann, um meine Sicht der Dinge darzulegen. Warum sich lange mit Lehrer herumärgern? Das brachte wenig. Wobei, wie gesagt: Insgesamt war die Lehrerschaft auf der John F. Kennedy High School außerordentlich gut. 

Ich habe diesen Gerechtigkeitssinn früh entwickelt. Vielleicht habe ich ihn geerbt von meinem Vater, jedenfalls habe ich mich auch an der Universität für Kommilitonen eingesetzt, wenn ich der Meinung war, dass sie ungerecht behandelt wurden – und ging dafür bis zum Dekan. Einmal wurde ich von einem Professor gefragt, wieso ich das mache, ich sei doch nicht der Anwalt der Betroffenen. Woraufhin ich entgegnete, wenn ich so etwas miterlebe, brauche ich kein Mandat, um etwas richtigzustellen. 

Für meine Eltern war es das Wichtigste, dass ihre drei Söhne eine gute Ausbildung erhielten. Sie wussten, dass häufiges Umziehen den Schulerfolg nicht befördert. Mein Vater verlängerte seinen Aufenthalt in Berlin so lange wie möglich, aber Ende der 80er-Jahre stand er vor der Wahl: entweder zurück in die Türkei oder aus dem diplomatischen Dienst austreten. Er entschied sich für Letzteres, um meine Brüder und mich nicht aus Universität oder Schule nehmen zu müssen. 

Als Sozialdemokrat, der er war, wollte er weiter für die türkischen Gastarbeiter in Deutschland da sein. Zuerst arbeitete er für die Arbeiterwohlfahrt, danach ließ er sich als erster Anwalt für türkisches Recht in Deutschland zulassen und betreute zig Verfahren von Gastarbeitern, etwa wenn es um ihre Ansprüche nach dem Sozialrecht ging oder auch Erbfälle. 

Nach dem Abitur trat ich in seine Fußstapfen und studierte in Berlin Jura und Medienwissenschaften. Während des Studiums arbeitete ich immer wieder in Frankreich und der Türkei für Fernsehsender und Produktionsfirmen. Lange wusste ich nicht, welchen Weg ich einschlagen sollte – Fernsehen oder Recht? 

Ich ging länger nach Istanbul und arbeitete zunächst für einen Musikfernsehsender und später für eine Kommunikationsagentur, begründete und organisierte eine internationale Automobilmesse. Und stellte ein weiteres Mal fest, dass ich inzwischen ziemlich „deutsch“ war. In der Türkei haben viele Menschen eine andere Arbeitseinstellung, die so gar nicht zu meiner passt. Mir schien, dass man dort vor allem auf den kurzfristigen Gewinn aus ist, nicht auf lange Geschäftsbeziehungen. Das entsprach mir gar nicht. Ich wollte meinen Job bestmöglich erledigen und mit meinen Kunden langfristig zusammenarbeiten. So glücklich ich in der Türkei war, so sehr nervte mich das Arbeitsumfeld. Also ging ich zurück nach Berlin – und brachte mein Jurastudium voran. 

Als mir eines Tages ein Kommilitone erzählte, er mache sein Referendariat in Vietnam, wurde ich hellhörig. Seit meiner Kindheit träumte ich von Asien. Ich hatte „Shogun“, „Tai Pan“, „Noble House Hongkong“ und all die anderen Romane von James Clavell gelesen. Mich faszinierte die asiatische Kultur. Ich bemühte mich meinerseits um ein Referendariat in Asien – und landete in einer der größten chinesischen Kanzleien in Shanghai. 

So fern ich meiner Heimat auch war: Zum ersten Mal fühlte ich mich nicht deplatziert. In Deutschland war ich, obwohl inzwischen eingebürgert, der Türke. In der Türkei war ich der Deutsche. In China aber war ich einfach nur Ausländer, einer unter vielen. Es war herzlich egal, woher ich kam und was genau meine Wurzeln waren. Ein großartiges Gefühl. 

Ein Jahr lang war ich Shanghai. Ich wohnte in der französischen Konzession, lernte ein wenig Chinesisch und traf viele spannende Menschen. Bis heute nützen mir diese Kontakte. Wiederholt habe ich Mediationsverfahren für chinesische Firmen in Europa geleitet und bin Mitglied im Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft aus Hongkong. 

Aber hauptsächlich bin ich heute Jurist. Ich bin Partner einer Rechtsanwaltskanzlei am Ku’damm und aktiv in der Berliner Kommunalpolitik. 

Dass meine Frau Chinesin ist, hat nichts mit meinem Auslandsjahr zu tun – ich traf sie ganz zufällig in Berlin. Wir sind weder chinesisch noch türkisch noch deutsch, sondern Berliner. Auf die Frage nach unseren Wurzeln sagen wir gern, wir seien „multiple religious citizens of the global village“. 

Als Kind habe ich meine Mutter einmal gefragt, ob wir katholisch oder evangelisch seien. Worauf sie antwortete: „Wir sind Moslems.“ Ich habe es genauso unschuldig gefragt wie eine Weile zuvor: „Sind wir Hertha-BSC- oder Bayer-Leverkusen-Anhänger?“ Ihre Antwort: „Wir sind Fenerbahçe Istanbul.“ 

Religion heißt für mich Toleranz. Das Verhältnis zu Gott ist etwas Privates. Das gehört in die eigenen vier Wände, nicht auf die Straße. Ich bin Moslem und mag keinen „Ismus“, ganz gleich welcher Richtung. Meine Frau ist Buddhistin. Wir feiern Weihnachten, das chinesische Neujahrsfest, das Fastenbrechen nach dem Ramadan. Wenn wir eine fremde Stadt besuchen, besichtigen wir Kathedralen, ich mag die Architektur. Genauso werden wir unseren Sohn erziehen: völlig frei in seinem Glauben. Islam, Buddhismus, Christentum, er wird alles sehen und kennenlernen und sich eines Tages vielleicht entscheiden oder auch nicht. Es geht uns um den humanistischen Kern, der allen Weltreligionen gemeinsam ist. Das wollen wir unserem Sohn mitgeben. 

Einer meiner Brüder ist mit einer Deutschen verheiratet, der andere mit einer Moldawierin, ich mit einer Chinesin. Meine Mutter hat einmal gesagt: „Ich habe mich bemüht, euch zu weltoffenen Bürgern zu erziehen, aber hätte nicht gedacht, dass ich so erfolgreich bin.“ 

Mein Vater, der Architekt des deutsch-türkischen Sozialabkommens, ist vielen noch in bester Erinnerung. Das erlebe ich oft. Zunächst kommt ihnen mein Nachname bekannt vor, sie überlegen eine Weile, dann fragen sie nach, wer denn mein Vater sei. 

Und wenn ich dann sage: Bekâm Bilâloğlu, beginnen sie zu strahlen und erzählen von ihm, wo sie ihm begegnet sind, was er für sie oder eine befreundete Familie getan hat. Sie erinnern sich gern an ihn, den ersten Arbeitsattaché, der immer ein offenes Ohr für sie hatte und sich stets bemühte, ihre Probleme zu lösen. 

Nicht nur die türkische, auch die deutsche Regierung würdigte ihn: Für seinen Einsatz für die Rechte der türkischen Gastarbeiter verlieh ihm Bundespräsident Walter Scheel das Bundesverdienstkreuz.      
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